Eine kurze Geschichte des Opel Speedster

Der englische Sportwagenhersteller Lotus wurde 1986, also 4 Jahre nach dem Tod des Firmengründers Colin Chapman, von der Firma General Motors (GM) aufgekauft, unter deren Dach seit 1929 auch die deutsche Opel AG firmiert. Aus dieser Firmenfusion entstanden einige Projekte wie der auf dem Opel Omega basierende Lotus Omega, eine für die damaligen Zeiten hochperformante Sportlimousine. Im Jahr 1993 trennte sich General Motors wieder von Lotus und verkaufte die kleine Traditionsfirma aus Hethel bei Norwich an eine Holding-Gesellschaft, zu der auch Bugatti gehörte. 1996 dann ging die Firma in das Eigentum der malaysischen Firma Proton über.

1999 stellte die Opel AG auf der Genfer Motorshow ein von Lotus gebautes Konzeptfahrzeug vor, es handelte sich hierbei um einen auf der Lotus Elise basierenden Sportwagen/Roadster mit Triebstrang aus dem GM-Teileregal und einer an das aktuellen Opel-Design angelehnten Karosserie. Dieser mit dem internen Werkscode Lotus Type 116 versehene Sportwagen sollte in einer geplanten Stückzahl von 10.000 Fahrzeugen auf den Markt gehen. Es sollte sich jedoch zeigen, dass diese Zahl zu optimistisch war, vielleicht weil ein derart kompromisslos sportliches und puristisches Auto nicht mit dem Image der Firma Opel harmonierte. Als Antriebsmaschine dient der 2.2-Liter-16V Z22SE aus dem Opel Astra und Vectra mit 108 kW/147 PS. Der Rahmen bestand aus Strangguss-Aluminiumteilen, vernietet bzw. verschraubt und verklebt mit einem roten 2K-Kleber. Die Karosserie bestand aus ziemlich sprödem GFK ("Keks", bricht enorm leicht). Der Hilfsrahmen um den Motor herum bestand aus feuerverzinktem Stahl. Im Gegensatz zur Lotus Elise war der Speedster mit ABS und einem Fahrer-Airbag ausgerüstet. Weitere Fahrhilfen wie Servolenkung oder gar ESP suchte man aber zum Glück vergeblich. Die Schadstoffeinstufung ab Werk war Euro 3.
Wenn man den aufgeschnappten Informationen glauben darf, dann wurde der Speedster mit einem extrem geringen Budget von nur DM 10 Mio. entwickelt, dann wurden nur eine Hand voll Entwickler nach Hethel geschickt, um auf Basis der Lotus Elise dieses Auto zu kreieren. Angeblich hätten viele der Teile wie beispielsweise die Seitenscheibenmechanik nie die Opel Qualitätskontrolle passieren können. Soweit ging der Entwicklungsprozess dann aber auch nie, das hätte das Budget gesprengt. Würden diese Gerüchte so stimmen, erklärte das doch sehr gut die Qualitätsprobleme mit nahezu allen Teilen an dem Auto, die nicht aus dem Opel Teileregal stammen.

Im Jahr 2000 jedenfalls ging der Opel Speedster in Deutschland in den Verkauf. Er wurde so bis zum Jahr 2003 produziert. Im Jahre 2003 dann wurde der Speedster aufgewertet, er erhielt den deutlich stärkeren 2.0-Liter-16V-Turbo Z20LET mit 147 kW/200 PS aus dem Astra verbaut und unterlief auch leichten optischen und technischen Änderungen. Unter anderem änderte sich der Hilfsrahmen und das Fahrwerk, der Instrumentensatz, die Räder und wenige Karosseriemerkmale. Zur besseren Motorkühlung, speziell für den Ladeluftkühler auf der rechten Fahrzeugseite, wurden seitliche Lufthutzen ("Ohren") verbaut. Das identische Fahrzeug (abgesehen von der Rechtslenkung) kam dann als Vauxhall VX220 auch in Großbritannien in den Handel und wurde später in kleiner Stückzahl als VXR220 Turbo mit einem leicht auf 220PS getuntem Motor, Renn-ABS von der Lotus Elise 111R und Speedline-Corse-Felgen (16" vorn, 17" hinten) und Yokohama-Semislicks produziert. Auch fahrwerksmäßig wurde hier ordentlich nachgelegt, wobei das Auto dann eine Sportwagen-Performance auf hohem Niveau ermöglichte.

Der Opel Speedster Turbo wurde bis 2005 gebaut* und verkauft, die Produktion des Opel Speedster dann vorzeitig nach insgesamt (Sauger + Turbo) nur 7207 Fahrzeugen eingestellt, der letzte produzierte Wagen war ein saphirschwarzer VX220 und hatte die Fahrgestellnummer 7996, der letzte produzierte Speedster war ein mandarinfarbener Turbo mit der Fahrgestellnummer 7967. Die Differenz der höchsten Fahrgestellnummer zur tatsächlich produzierten Zahl von Fahrzeugen hat seinen Grund in einer Anzahl von 789 nicht genutzten Fahrgestellnummern für nicht mehr absetzbare Saugervarianten. Im Jahr 2005 wurden dann aufgrund der gesetzlichen Zulassungsbestimmungen eine große Menge auf Halde produzierter Fahrzeuge tageszugelassen und zu erheblich reduzierten Preisen auf den Markt geworfen, fast neuwertige Sauger aus Werkserstbesitz für Preise ab 18,000 Euro, Turbos ab 23,000 Euro. Inzwischen (2007) ist das Preisniveau deutlich angestiegen, da der Opel Speedster nun zu einem gesuchten Fahrzeug geworden ist. Aufgrund vieler Unfälle unerfahrener Speedster-Eigentümer wird sich diese Entwicklung in den nächsten Jahren sicher nicht wieder entspannen, die Preislage wahrscheinlich noch weiter verschärfen. Um die noch existierenden Fahrzeuge hat sich eine ausgeprägte Szene gebildet, es gibt erstaunliche Tuning-Möglichkeiten und viele der Fahrzeuge sind zumindest dann und wann mal auf Rennstrecken zu bewundern, wo sie ihre überlegene Fahrdynamik ausspielen können.

Der Opel Speedster wurde von Lotus entwickelt und gebaut, ist somit ein englisches Produkt. Das Preisniveau für Ersatzteile ist abgesehen von den GM-Teilen wie Motor und Getriebe unglaublich hoch. So kostet ein Hauptscheinwerfer etwa 1,300 Euro, ein Rücklicht 800 Euro. Ein Hardtop wechselt für rund 2,000 Euro den Besitzer und das Softtop immer noch für überkandidelte 1,600 Euro. Die unlackierten Clamshells vorne und hinten liegen ebenfalls um die 1,600 Euro. Der Aluminiumrahmen wird nicht mehr hergestellt, ist also als Neuteil nicht verfügbar. Aufgrund dieser ganzen Umstände führen bereits kleine Rempler schnell zu vierstelligen Reparaturbeträgen. Sind die mit dem Rahmen verklebten Schweller betroffen oder das Fahrwerk, kann es schnell einen wirtschaftlichen Totalschaden geben. Ist der Rahmen betroffen, ist es definitiv ein Totalschaden. Der Rahmen aus eloxiertem Aluminium ist nicht richtbar. Es sind auch keine Rahmenteile tauschbar.

Die Firma Lotus brachte übrigens im Jahr 2006 den Lotus Europa S auf den Markt, der abgesehen von der Karosserie und einiger geringfügiger Details baugleich zum Opel Speedster Turbo ist. Er hat ebenfalls 200 PS, ein 6-Gang-Getriebe und vergleichbare Fahrleistung zum Speedster Turbo. Auffällig ist hier der im Türbereich deutlich abgesenkte Rahmen, der ein leichteres Ein- und Aussteigen ermöglicht. Wer also noch einen Speedster neu kaufen will, der bekommt ihn technisch weiter bei Lotus. Allerdings gehen die Listenpreise etwa bei 50.000 Euro für die Basis los. Und der Wagen ist nicht so puristisch wie der Speedster, Fensterheber, Zentralverriegelung, Klimaanlage, alles ist möglich. Und mit dem Tuning wird es beim Motor etwas problematisch, da die Abgasanlage nicht der des Speedsters entspricht, was ein solides Turbo-Tuning dann etwas kompliziert gestaltet. Hier sind dann tatsächlich Einzelanfertigungen gefragt.

Fahrzeugbestand in Deutschland laut KBA:
(Stand 01.01.2016)

Opel Speedster (HSN 0034/TSN 419) - 1081 Fahrzeuge
Opel Speedster Turbo (HSN 0034/TSN 493) - 362 Fahrzeuge

Entwicklung der Zulassungszahlen über die letzten Jahre:

Achtung: ab 2008 sind nur noch ganzjährig zugelassene Fahrzeuge erfasst, deshalb der Einbruch in den Kurven, leider verzerrt das die Daten doch immens, da viele Autos auf Saisonkennzeichen laufen, im Winter stillgelegt sind.

Basisdaten der Fahrzeuge:

Opel Speedster
Leistung 108 kW @ 5800 rpm
Drehmoment 203 Nm @ 4000 rpm
Leergewicht 870 kg
Leistungsgewicht 5.92 kg/PS
Länge 3.79 m
Breite 1.71 m
Höhe 1.12 m
Emissionsklasse: Euro 3
Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 5.9 s
Höchstgeschwindigkeit 217 km/h
Neupreis 2000: 32,500 Euro
 

Opel Speedster Turbo
Leistung 147 kW @ 5600 rpm
Drehmoment 250 Nm @ 1950-5300 rpm (elektronisch begrenzt)
Leergewicht 930 kg
Leistungsgewicht 4.65 kg/PS
Länge 3.79 m
Breite 1.71 m
Höhe 1.12 m
Emissionsklasse: Euro 3
Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 4.9 s
Höchstgeschwindigkeit 243 km/h
Neupreis 2003: 36,500 Euro
 

Bild 1 stammt von Wikimedia Commons

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* laut unsicherer Quellen waren es:
2002 - 89 Fahrzeuge
2003 - 1183 Fahrzeuge
2004 - 508 Fahrzeuge
2005 - 214 Fahrzeuge

In Summe also 1994 Opel Speedster Turbo / Vauxhall VX220. Und zu viel davon wurden bereits geschrottet.